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Zu: "Mohamed und die Urne" / T i e f

Hm. Gerade das ist es aber, was Kunst dürfen muss, wenn wir ihr das Recht zusprechen wollen, zu provozieren: weh tun, auch, /um/ weh zu tun.

In einem abgesteckten Rahmen, natürlich: Keiner wird einen Mord als legitimiert betrachten, weil der Mörder ihn Kunst nennt. Kunst soll niemanden in seiner Freiheit, zu tun und zu lassen, was er will, einschränken: niemandem gegen seinen Willen eine Tür zuhalten oder seine Privatsphäre verletzen. Davon abgesehen muss Kunst aber alles dürfen. Sonst nehmen wir ihr das Potential, unsere Wahrnehmung der Welt zu unserer Aufklärung immer wieder aufs Neue herauszufordern.

Und dazu gehört natürlich jedes Verletzen symbolischer Tabus. Die Verletzung eines symbolischen Tabus ist keine Einschränkung irgendeiner persönlichen Freiheit, sondern nur der Angriff auf eine geistige Unfreiheit. Denn eine solche stellt jedes symbolische Tabu dar.

Insofern finde ich die Tolerierung der Mohammed-Karikatur nicht nur unumgänglich, ich finde die Mohammed-Karikatur, gerade auch in ihrer aggressivsten Form, ganz und gar einem aufklärerischen Auftrag der Kunst würdig. Wenn wir die Aufklärung als Maßstab unserer Kultur akzeptieren wollen, dann ist Wut, die durch die Verletzung symbolischer Tabus entsteht, keine Wut, für die wir Toleranz aufzubringen haben

Im Gegenteil: Wenn wir die Aufklärung als Maßstab unserer Kultur akzeptieren wollen, muss es als edler Auftrag der Kunst betrachtet werden, diese Wut (fortwährend, stur, bis sie nicht mehr gegeben ist) als Symptom geistiger Unfreiheit zu provozieren, damit wir letztere erkennen und den ganzen Apparat der Aufklärung gegen sie richten können. Denn permanente Wiesen der geistigen Unfreiheit können wir unter der Sonne der Aufklärung nicht in unserem Garten akzeptieren. (Das mag jetzt etwas radikal /18th century/ klingen, aber /so be it/, ich könnte mir schlechtere ideelle Grundlagen vorstellen ;) Aber, um mich zu disqualifizieren, ich halte ja auch den Marquis de Sade für den wichtigsten Ethiker des Abendlandes.)

Ich schätze Kunst als Instrument der Verletzung symbolischer Tabus bis ins Äußerste und Aggressivste. Ich empfehle z.B. einen Rundgang (am besten durch die Weltreligionen und einige politische Issues) durch die Encyclopedia Dramatica ( http://encyclopediadramatica.com/Main_Page ) als Beispiel für einen fortwährenden (und diskriminierungsfreien) hyperaggresssiven Rundumschlag gegen jedes symbolische Tabu, das sich denken lässt.

Link zum Original   Friday February 29, 2008

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Kommentare

  1. Erik / 23. March 2008, 20:57 Uhr

    Wut, die aus der Verletzung symbolischer Tabus entsteht ist Ausdruck geistiger Unfreiheit. (richtig?)

    Also wenn ein Mann in Kabul eine unverhüllte Frau verprügelt, weil sie es wagte ohne Begleiter überhaupt das Haus zu verlassen, dann ist das die Art von Wut, die wir nicht tolerieren dürfen. Keine Frage. (Mal abgesehen davon, dass Bundeswehrsoldaten in solchen Fällen explizit nicht eingreifen, um die “Sicherheitslage” nicht zusätzlich zu gefährden)

    Aber trägt diese Simplifizierung immer? Ich habe einen Freund, der sich knapp für die Olympischen Spiele in Peking nominieren konnte. Er kann über die Bilder mit den Ringen aus Stacheldraht nicht lachen. Eigentlich braucht man diese Spiele mit der Politik garnicht in Verbindung bringen. Aber solche unüberlegten Aktionen machen es politisch. Den Sportlern wird damit ein schlechtes Gewissen eingeredet, dass völlig ungerechtfertigt ist, weil sie einfach das Pech hatten, in dem Jahr an der Reihe zu sein, in dem in Tibet Panzer rollen. Da kommen Menschen an, die sich einen Scheißdreck für die Menschen interessieren, denen Olympia wichtig ist, und wollen auf deren Rücken die Spiele satirisch ausnutzen und zu ihrem eigenen Symbol für politischen Widerstand erklären.

    (Keine Ahnung, was ich damit aussagen will)

  2. Christian / 25. March 2008, 19:26 Uhr

    @Erik: Erstmal Glückwunsch an deinen Freund.

    Wenn ihn die Satire mit den Olympischen Ringen aufregt, wird er aber nicht umhin kommen, sich mit dieser Aufregung auseinander zu setzen.

    Er ist dabei gar nicht gezwungen, der moralischen Argumentation der Satire zu folgen. Wenn dieses ihn aber zu Selbstzweifel und/oder schlechtem Gewissen verleitet, dann wird er sich diesem moralischen Argument wohl oder übel stellen müssen. Das heißt nicht, dass diese Konfrontation zugunsten des ihn herausfordernden Arguments verlaufen muss. Er könnte in Auseinandersetzung mit ihm auch zu dem Schluss kommen, dass der in der Satire geübte Vergleich unangemessen oder zielverfehlend sei oder ihn persönlich in seiner Funktion schlicht und einfach nicht treffe, weil …

    Das muss man dann aber eben mit sich und seinem Gewissen oder seinen Argumenten ausmachen. Einzufordern, dass eine derartige argumentative Herausforderung unterlassen wird, weil sie ihn seelisch belasten könnte, wäre äquivalent zum Gläubigen, der wütend darüber wird, dass man sein Glaubenskonstrukt hinterfragt. Die Verhaltenweise geistiger Freiheit dagegen bestünde nach einer Ethik der Aufklärung darin, sich über diese Herausforderung zu freuen: Sich mit ihr argumentativ auseinanderzusetzen, wird in neuer Erkenntnis münden, und neue Erkenntnis ist gut, egal ob sie die eigene ursprüngliche Position stabilisiert oder destabilisiert.

    Vielleicht kommt man ja aus der Auseinandersetzung mit dem gegen die eigene Position gerichteten Argument auch gestärkt in der ursprünglichen eigenen ursprünglichen Position hervor. Dann wird man sich bei Wiederholung dieser Argumentationsstruktur umso souveräner fühlen, weil man weiß, wie man sie widerlegen kann.

    Übrigens sind die Olympischen Spiele /natürlich/ ein Politikum. Nicht nur dadurch, dass sie ein satirischer Photoshop zu einem solchen macht, sondern dadurch, dass sie globales kulturelles und wirtschaftliches Interesse auf den jeweiligen Gastgeberstaat bündeln. Das lässt sich übrigens strukturell auch in ein politisches Argument /für/ die Olympischen Spiele ummünden, der Art, dass der Gastgeber durch diesen Anlass eben gerade gezwungen ist, sich bestimmten Ansprüchen der Weltgemeinschaft wenigstens demonstrativ zu öffnen.

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