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Zu: "Twitter killt Konferenzbloggen 12:01 PM January 28, 2008 from web" / Blogbar

@Weltenweiser, @Thomas (hey! ;-) ):

Ich verstehe Don so, dass er sich sowohl an der SMS-Wand als auch am nicht-projizierten Getwittere im Publikum stört.

Dass die SMS-/-Twitter-Wand bestimmte traditionelle Konferenzen-Kommunikations-Anordnungen, die unter bestimmten Umständen durchaus Sinn machen, destruktiv durcheinander bringen mag, steht wohl außer Frage. Dementsprechend mag sich jeder Veranstalter entscheiden, ob er sowas haben will oder nicht. Bei allen Problemen, die die SMS-/-Twitter-Wand offensichtlicherweise bereiten kann, sollte man jedoch nicht die Potentiale ausblenden. Ich war inzwischen auf so einigen Konferenzen, Congressen etc.pp., wo es einfach die Norm war, dass die Hälfte des Publikums einen Laptop aufgeschlagen hat und während eines Vortrags die angesprochenen Punkte googlet, das Blog des Referenten nach seinen früheren Texten zum Thema durchschaut oder ihm bei Wikipedia nachstöbert, im offiziellen IRC-Channel der Konferenz mit anderen Zuhörern den Vortrag live diskutiert, markante Punkte des Vortrags fürs Blog oder Twitter zusammenfasst und, ja, auch durchaus mal ein Witzchen über das Gesagte reißt. So entsteht immer eine umfassende Verfußnotung der Veranstaltung und Auffaltung des vorne auf dem Podium Gesagten, die mit einer Twitter-/-SMS-Wand nun eben einfach auch einen offiziellen, öffentlichen Platz zugewiesen bekommt und mit dem Gesagten in Dialog treten kann. Der konzentrierte, isolierte Einzel-Stream an Information und Diskurs weicht halt der Echtzeit-Verschaltung des Nebeneinanders.

Nebeneinander, ja. Die Anordnung Experte vs. Laienpublikum erodiert so, wie das Expertentum an sich erodiert. Auf einem Barcamp weiß das Publikum zuweilen mehr als der Referent, und niemand stößt sich dran; umgekehrt, es wird als gewinnbringende Anordnung für Referent wie Publikum betrachtet. Auf einer Konferenz wie dem Chaos Communication Congress fürchten sich Referenten vor dem Kenntnisstand des Publikums, und die Faktizität jeder Behauptung wird sofort mit Google und Wikipedia abgeklopft und notfalls durch einen (auch wieder in seiner Faktizität googlebaren, notfalls vom Referenten selbst vorne gleich mittels Laptop diskreditierten) Zwischenruf widerlegt. Viel wichtiger als das, was der Referent zu sagen hat (und das sich auch nachträglich aus den Slides oder PDF-Veröffentlichungen nachlesen lässt, die ja später in seinem Blog liegen), wird das, was er damit an Diskussion anstößt. Und diese Diskussion findet halt in IRC, Blogs, Twitter und nun auch SMS-Leinwand statt.

Natürlich ist das alles optimistisches Ideal. Ein desinteressiertes Publikum wird Furzwitze an die Wand werfen und sich darüber auch in Mehrheit beömmeln, anstatt den Referenten ausreden zu lassen. Die Selbstüberwindung, die es kostet, als Einzelner aufzustehen und dem Referenten wie dem Publikum gegenüber seinen Einwurf ins Mikrophon zu stottern, ist ein Filtermechanismus, der manchen Blödel-Einwurf zurückhalten mag, der dafür durchaus seinen Weg auf die Twitter-Wand finden mag. Aber eben nicht nur manchen Blödel-Einwurf, sondern auch manchen intelligenten Einwurf, der unterging, weil gerade die Fragestunde noch nicht eröffnet, der Ideenhaber zu schüchtern, die Veranstaltungszeit zuende war, oder der erst gar nicht zustande kam, weil eben die intellektuelle Kommentierung des Vortrags nur in isolierten kleinen Kreisen oder Einzelköpfen stattfand, anstatt sich zu einem in kritischer Diskussionsmasse weitere Ergebnisse produzierenden öffentlichen Gespräch zu entwickeln. Zugleich dürfte einem Referenten, der in Rhetorik fit ist und die Autorität über sein Thema argumentativ zu verteidigen weiß, sein Auftritt auch nicht durch ein paar Wortspiele mit seinem Namen im Hintergrundrauschen der SMS-/Twitter-Leinwand streitig gemacht werden.

@Strappato: Natürlich wird nichts irgendwie durch eine bestimmte Kommunikationsform ‘ideologisch richtig’, und Mehrheitswille ist ein schlechter Maßstab für wissenschaftliche Richtigkeit. Aber all diese Kommunikationsanordnungen, die gerade auf uns zu fliegen unter Titeln wie “Web 2.0″, leben davon, dass jeder alles sagen und schreiben kann, was er will, nicht etwa davon, dass die Mehrheit entscheidet, was gesagt oder geschrieben werden darf. Jeder kann sich in seine kleine Nische zurückziehen und dort die Kommunikation führen, die er führen will, auf die Weise, wie er sie führen will. Und wenn die Konferenzenkultur in einigen Bereichen nun in eine neue Richtung tendiert, wird dennoch niemand daran gehindert, für den selben Bereich Konferenzen nach altmodischeren Regeln zu organisieren, es steht dann nur die Frage, ob das Publikum auch mitspielt.

  Link zum Original   Monday January 28, 2008

Zu: "Twitter killt Konferenzbloggen 12:01 PM January 28, 2008 from web" / Blogbar

@Don: Kommunikation sucht sich ihre Wege, immer.

Wenn die Menschen lieber was an eine SMS-Wand simsen, als aufzustehen und reinzurufen, warum soll das schlechter sein?

Wenn jeder Einschreibsel auf der SMS-Wand durch einen Einruf aus dem Publikum ersetzt würde, würde das die Podiumsdiskussion sehr viel mehr stören als ein Text im Hintergrund, den jeder mitzulesen oder nicht mitzulesen sich selber entscheiden kann, und auf dessen Einwürfe einzugehen oder nicht einzugehen den Podiumsteilnehmern völlig frei gestellt ist. Aus diesem Grund gerade kann das Publikum eben nicht jederzeit in dieser Form mit dem Podium interagieren, wie du behauptest, dass es das könnte.

Den einzigen Nachteil, den ich für die Podiumsteilnehmer sehe, ist, dass Twitterei und SMS-Wand die Autorität der Podiumssituation gegenüber dem Saal untergraben. So what, ändert sich halt die Kommunikations-Anordnung, werden sich mit der Zeit eben neue Sitten drumherum bilden, um das kommunikative Optimum rauszuholen, man muss halt lernen, mit der Offenheit umzugehen, und von der Masse der Leute unerwünschte SMS-Blödeleien erledigen sich mit der Zeit genauso wie der Laserpointer im Kinosaal.

Und warum soll Twitter Spam sein? Spam ist Information, die ich nicht haben will und nicht brauche und die trotzdem willentlich meine Aufmerksamkeit einfordert. Niemand wird aber gezwungen, Twitter-Konversationen zu lesen; man muss schon eigenen Aufwand tätigen, um an ihnen teilzunehmen, sprich, sein Mobil-Internet-Gerät (Laptop, Handy, whatever) aufklappen und ins Getwittere reingehen. Twitter ist ein Gruppenkommunikationstool, über das man zum Beispiel auch gut die Podiumsdiskussion vorne auf Köpfe im Publikum in Echtzeit erweitern kann, ohne dabei die Podiumsdiskussion vorne zu stören.

Ist halt alles Demokratisierung der Kommunikation. Verstehe gar nicht, was dir daran missfällt.

  Link zum Original   Monday January 28, 2008

Zu: "Twitter killt Konferenzbloggen 12:01 PM January 28, 2008 from web" / Blogbar

Gott verhüte, dass sich Kommunikations- und Diskussionsformen ändern. Vorne steht der Lehrer mit dem autorisierten Wissen, die Schulklasse hat andächtig zu lauschen. Wer lieber Zettelchen austauscht und lustige Bildchen in seinen Hefter malt, wird wahrscheinlich später auch keine Beamtenkarriere schaffen. Was bringt mehr, passiv lauschen oder aktiv in einen Diskussionsstrom verarbeiten?

  Link zum Original   Monday January 28, 2008

Zu: "Adical, Falk Lüke und der Schleichwerbevorwurf" / Blogbar

Es handelt sich um eine Fotostrecke (wohlgemerkt: keine wissenschaftliche Arbeit, keine Experten-Analyse für ein Wirtschaftsmagazin, keinen politischen Antrag im Bundestag), die ein paar bekannte deutsche Blogger vorstellt. Zufälligerweise sind die Blogger alle beim selben Vermarkter, was nicht so verwunderlich ist, da dieser unter der deutschen Blogprominenz marktanteilsmäßig recht gut aufgestellt ist. Wodurch der Vermarkter sogar indirekt von der Fotostrecke profitieren mag. Was aber längst nicht genug Futter zur Untermauerung irgendeiner Verschwörungstheorie ist: Außerhalb einer Paranoia ist “cui bono?” nämlich kein zuverlässiger Kausalitätsindikator.

Sehe ich das richtig, Don, dass dein Vorwurf also um die folgenden drei Punkte kreisen muss?:

1. Dass das entsprechende Blogger-Umfeld in freundlichen Worten porträtiert wird.

2. Dass diese Worte von Falk stammen, der sich in diesem Blogger-Umfeld persönlich bewegt und sich an anderer Stelle journalistisch auch mal mit seinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (”Adical”) auseinander setzt.

3. Dass eine Darstellung von Punkt 2 nicht explizit bei der Fotostrecke mit einem eigenen Absatz drüber oder drunter gepflastert wurde.

In dem Fall finde ich den Vorwurf nur sehr unzureichend fundamentiert.

Als einzige denkbare Prämisse stünde ihm der moralische Maßstab zur Seite, dass ein Mensch aus einem anderem Universum kommen muss, um unentschuldigt über eine Sache aus dem hiesigen etwas sagen zu dürfen; dass eine Beziehung oder Meinung irgendeiner Art zum Gegenstand seiner Darstellung zu haben, diese Darstellung per definitionem korrumpieren würde. Nun, unter der Voraussetzung dürfte das meiste, was jemals in schriftliche Form gegossen wurde, korrupt sein.

Man darf getrost annehmen, dass jemand, der über etwas schreibt, in irgendeiner Beziehung zu diesem Etwas steht. Dafür braucht es keinen Disclaimer. Wen Details interessieren, der fragt Google nach dem Autorennamen: Bei über zweitausend Treffern für “Falk Lüke” und über viertausend Treffern für “Falk Lueke” (und ich nehme mal an, dass der Name nicht /so/ verbreitet ist) dürfte genug Transparenz darüber gegeben sein, bei welchen Blogs Falk kommentiert oder auf welchen Konferenzen er spricht.

Es ist albern, aus paranoischem Eifer heraus hinter jeder Ecke böswillige Verschwörungen hinterhältiger Geschäftemacher zu vermuten. Es ist armselig, Vorwürfe daraus zu zimmern, mit wem jemand ein Bier trinken geht oder sich sonstwie persönlich gut versteht. Es ist naiv, einem Autoren vorzuwerfen, dass das, was er sagt, konform gehe mit seinen Sympathien und Interessen. Wenn es keine besseren Argumente gibt als diese drei, um jemanden oder etwas anzugreifen, sollte man es vielleicht zur Wahrung der eigenen intellektuellen Würde unterlassen.

Mir ist darüber hinaus schleierhaft, wie man das Interesse einer Person gegen nicht der Wahrheit entsprechende Unterstellungen (11: “Der eigentliche Skandal sind die dumpfen Drohungen des Falk Lüke”, 12: “arg dünne Haut” -> “fühlt sich ertappt”, @19: “keifender Ex-Boss”) zum Angriff auf diese Person wenden kann. Wir leben nun einmal im Zeitalter der Google-Bombe, wo eine sich in der Blogosphäre viral ausbreitende Unterstellung durchaus empfindlichen Schaden erzeugen kann, ganz unabhängig davon, ob sie der Wahrheit entspricht oder nicht. Daraus folgt die Legitimität, sich gegen derlei Unterstellungen zur Wehr zu setzen. Welche Form für diese Wehr angemessen sein mag, darüber kann man gerne diskutieren, aber ich konnte an Falks Kommentaren zu den Unterstellungen nichts Indiskutables finden.

  Link zum Original   Monday January 21, 2008

Zu: "Links von Freitag, 11. Januar 2008" / Stralau-Blog

Joa, belassen wir den Diskussionsthread mal erstmal dabei. Geht mit mir immer etwas textlastig durch, wenn ich Argumente und Diskussionen interessant finde, sorry ;-)

Obwohl, den einen Punkt zu dem Edit mit der Evolutionslehre muss ich doch nochmal kurz los werden ;-) Eine argumentativ selbstgenügsame Evolutionslehre lässt sich natürlich genauso als Glauben missbrauchen wie jede andere Idee über die Welt auch. Die relevante Differenzierung ist, ob die Idee selbst in das Netz aus Beweisbarkeits-Anspruch und Widerlegbarkeit / Wahrheitsfähigkeit eingebunden ist, die die Wissenschaft bildet, oder nicht … Wobei die genannten Verbrechen ja auch aus einer kategorischen Verirrung kamen, das wissenschaftliche ‚Wie ist etwas‘ der Evolution mit einem ethischen ‚Wie sollte es sein‘ durcheinanderzubringen.

  Link zum Original   Monday January 14, 2008

Zu: "Links von Freitag, 11. Januar 2008" / Stralau-Blog

Geschlossen ist das Weltbild in Hinsicht auf den Exklusivitätsanspruch der wissenschaftlichen Methode auf die Wahrheitssuche, ja. Und aus diesem heraus ist eben der Glaube an eine Existenz Gottes nicht angebracht, weil Glaube an sich nicht angebracht ist. (Und ‚Sinnsuche‘ ist hierbei dann eine Kategorie, die keinen Sinngehalt hat.) Man kann Dawkins IMHO eher als Fundamentalisten der wissenschaftlichen Wahrheitssuche denn als Fundamentalisten der Nichtexistenz Gottes setzen.

Man muss da den Begriff Glauben wohl auch ausweiten, er umfasst eigentlich jede wissenschaftlich unbegründete Überzeugung mit einem kritikresistenten Wahrheitsanspruch. Nur ist der religiöse Glaube da halt die Version mit der größten Tragweite. Ich kann auch wider jeden Gegenbeweis stur glauben, dass unter einem Schrank in einem Haus in Kleinmachnow ein unsichtbares Monster haust, aber das hat wahrscheinlich nicht so viele paranoische Auswirkungen auf meine Gesamtherangehensweise an die Welt wie die Überzeugung einer über das gesamte Universum waltenden intelligenten Allmacht.

Dawkins setzt den religiösen Glauben aber durchaus in die selbe Kategorie wie z.B. den fundamentalistischen Patriotismus, der in mancher Kriegssituation gepredigt wird, um einen Antrieb zur Selbstaufopferung für die Nation zu geben. Oder Selbstaufopferung für eine politische Ideologie. Lässt sich eigentlich alles unter Glauben fassen.

Ganz so einfach, die Ursache für Gewalt einzig in der Religion zu sehen, macht es sich Dawkins natürlich nicht (den Titel der „God Delusion“ vorrangehende Fernseh-Polemik „The root of all evil?“ will er selbst nicht ausgesucht und darüberhinaus für irreführend befunden haben), aber er scheint schon einem regen Optimismus anzuhängen, dass erstaunlich vieles besser wäre, wenn die Religion — oder allgemeiner: die Vorherrschaft von Glauben nach obiger begrifflicher Ausweitung — unterginge.

Dawkins‘ Argument ist ja zu großen Teilen auch ein moralisches — es wäre besser für die Menschheit, wenn es in ihren Reihen weniger Glauben gäbe. Er kann mittels Evolutionsbiologie plausibel begründen, dass bestimmte moralische Kategorien, Nächstenliebe und dergleichen, keiner Religion als Grundlage bedürfen. Aber meines Erachtens unterschätzt er die psychologische Notwendigkeit von Religion und auch eben einem Glauben allgemein, der vielleicht der Wahrheitssuche nicht dient, aber sehr wohl der Ruhigstellung des psychologischen Haushalts. Was für eine Grausamkeit ist es, von den Menschen zu verlangen, sich von der Unsterblichkeit ihrer Seele zu verabschieden?

(Ich hab mir dazu mal in meinem Blog und später auch bei Mindestenshaltbar.com Gedanken gemacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Wissenschaft erst reale individuelle Unsterblichkeit oder dergleichen ermöglichen muss, um der Wissenschaft einen Attraktivitätsvorsprung vor dem religiösen Glauben zu geben:

http://futur.plomlompom.de/archiv/1800/erst-das-heil-dann-der-atheismus
http://www.mindestenshaltbar.net/0312/stories/2148/
)

(Sorry für die Eigenwerbungslinks ;) )

  Link zum Original   Monday January 14, 2008

Zu: "Links von Freitag, 11. Januar 2008" / Stralau-Blog

Oh, es ist schon klar, gegen was Dawkins sich wendet: gegen sich selbst bestätigenden Glauben und gegen den Respekt, der diesem gezollt wird. Für Dawkins verdient nur eines Respekt, und das ist die wissenschaftlich nachprüfbare Wahrheit. Und da für Dawkins sich selbst bestätigender Glaube nichts hiermit zu tun, verdient Glaube keinen Respekt.

Dawkins argumentiert so: Wenn wir den Katholiken und den Prostentanten Respekt zollen, wenn sie ihr Handeln mit ihrem Glauben rechtfertigen, müssen wir denselben Respekt auch den Selbstmordattentätern zollen. Die Attentäter vom 11. September waren keine schlechten Menschen, sie haben moralisch gehandelt und das getan, was sie für das Gute hielten. Das Problem liegt also nicht in ihrer Intention, sondern in der Grundlage ihrer Intention: dem Glauben.

Für Dawkins gibt es keinen Grund, jemandes religiösen Glauben zu respektieren. Für die Behauptungen über die Welt, die religiöser Glaube stellt, lässt die wissenschaftliche Auserklärung der Welt zu wenig Raum; weshalb man jemanden, der im Glauben an Gott sein Denken, Leben, Handeln begründet, darin nicht respektvoller zu begegnen braucht als demjenigen, der derlei begründet in seiner Überzeugung, Napoleon Bonaparte zu sein, tentakelköpfige Aliens würden die Weltregierungen kontrollieren oder die Juden seien an allem schuld. Derlei irrationale Anschauungen über die Welt produzieren im Zusammenprall ihrer Fehleinschätzung der Wirklichkeit mit den Anforderungen der Wirklichkeit bestenfalls harmlose Irritationsmomente und schlimmstenfalls Massenmord.

Im Grunde argumentiert Dawkins (und das mag man durchaus als in einer sich frei nennenden Gesellschaft politisch angreifbar bezeichnen) gegen weltanschauungsstrukturellen Relativmus. Mag jeder seiner eigenen Wahnwelt im stillen Kämmerlein träumend anhängen, aber wenn wir Diskursbomben wie den Glauben, der Dawkins‘ Ansicht nach die Diskurssäulen Kritikfähigkeit und Wahrheitsanspruch untergräbt, im gesellschaftlichen Diskurs respektvoll Raum einräumen, öffnen wir die Tür für Überfälle durch Fundamentalismus jeder Art. Wer einem Bischof in seiner öffentlichen Diskussionsrunde gleiche Redezeit einräumt neben einem Wissenschaftler, der duldet auch Scientology, Horst Mahler und Osama Bin Laden als gleichberechtigte Positionen. (Da fällt mir die erbauliche Johannes-B.-Kerner-Sendung ein, in der Dawkins sich via Dolmetscher mit Bischof Huber prügeln durfte, da flogen aber die Fetzen ;) )

Gesellschaftlicher und moralischer Respekt gegenüber jemandes Glauben produziert Zugzwang zum gesellschaftlichen und moralischen Respekt gegenüber jedem Wahngebilde. Die moralische Anleitung, mit der der Glaube angeblich der Gesellschaft nutzen mag (Dawkins‘ behauptet, dass der Glaube überhaupt keine moralische Anleitung gibt, sondern bestenfalls ein ästhetisches Darstellungssystem, in das schon vorhandene, evolutionsbiologisch entstandene altruistische Moral-Grundsätze eingegossen werden), gleicht diesen Makel für ihn längst nicht aus.

Dawkins‘ Feindbild sind alle gesellschaftlichen Zugeständnisse an religiöse Gruppen, darunter würde die Kirchensteuer genauso fallen wie ein Status religiöser Autoritäten als (z.B. für ein Fernsehinterview in Fragen zum Familienrecht konsultierbarer) moralischer Autoritäten oder das Sonderrecht, wider das Tierschutzgesetz ein Tier schächten zu dürfen.

  Link zum Original   Monday January 14, 2008

Zu: "Links von Freitag, 11. Januar 2008" / Stralau-Blog

Nun, genau diese Frage finde ich aber sehr wohl nur unbefriedigend geklärt:

Warum ist es unzulässig, Glauben und Wissenschaft auf eine Stufe zu stellen? Du argumentierst, genau diese ‚Irrlehre‘ habe der katholischen Kirche ziemlich geschadet; das wundert nicht, wer auf derselben Rennstrecke aufs unterlegene Pferd setzt, verliert halt gegen das überlegene. Warum sollte die Wissenschaft sich da großzügig aus dem Spiel zurückziehen — um dem Konkurrenten Glauben zu gestatten, sein Gesicht zu wahren? Sind nicht beide, Wissenschaft wie Glauben, Versuche der Welterklärung?

Was ist ‚Sinnsuche‘ in Abgrenzung zur ‚wissenschaftlichen Wahrheitssuche’? Welchen Wert soll ein ‚Sinn‘ haben, der sich nicht aus der Wahrheit ableitet? Bleibt da nicht höchstens ein moralisch-psychologisch-manipulativer — die Menschen handeln sozialverträglicher oder fühlen sich besser, weil sie eine Ideologie haben, die die schaurigen Lücken für sie füllt und offenen Fragen für sie beantwortet?

(Ich selbst sehe mich außerstande, zu verstehen, was mit „Sinnsuche“ gemeint sein soll. Die Suche nach Intentionalitäten in dem, was ist? Well, sagt der Naturwissenschaftler, die Suche ist kurz, denn: Da gibt es keine. Deshalb auch die Stärke von Dawkins evolutionistischer Argumentation: Evolutionstheorie erklärt den Entstehungsprozess von Dingen, die intentional konstruiert erscheinen, als gänzlich frei von Intentionalität. Die Alternative wäre: Ein Vorhaben, das man sich geben kann im Leben. Dazu braucht man aber keinen Gott; man kann identifizieren, was einem gefällt und was einem missfällt, und für die Förderung des ersteren und die Bekämpfung des letzteren handeln.)

Dawkins ersetzt ganz frech die Sinnfrage durch die Frage nach Wahrheit. Für ihn bedarf es keiner realitätsgelösten Sinn-Konstruktion mehr, um das menschliche Leben lebbar zu machen, schließlich haben wir dank der Wissenschaft einen so grenzenlos faszinierenden Kosmos uns erschlossen, dass die Weltbilder der Mystiker dagegen banal und öde wirken.

Zur Zweifelfähigkeit des Glaubens: Ist Glaube nicht per definitionem eben das: etwas als wahr anzunehmen, obwohl es keinen plausiblen wissenschaftlichen Grund dafür gibt, es als wahr anzunehmen? Sonst wäre es ja kein Glaube, sondern Wissen.

Insofern Dawkins auf dem Exklusivitätsanspruch der wissenschaftlichen Methode für die Wahrheitssuche beharrt, kann man ihn vielleicht wirklich als Fundamentalisten bezeichnen; mir fällt aber einfach kein argumentativ wehrhaftes Konkurrenzmodell der Wahrheitssuche zur wissenschaftlichen Methode ein, gegen das dieser Fundamentalismus sich richten könnte. Innerhalb des von dieser Methode geschaffenen Welterklärungssystems sieht er dagegen eine Wappnung gegen jeden Fundamentalismus, eben weil die Wissenschaft per definitionem die Kunst der Kritik, der Überprüfbarkeit und des ständigen Austestens /neuer/ Welterklärungsmodelle sei.

P.S.: Macht Spaß, hier zu diskutieren :-)

  Link zum Original   Sunday January 13, 2008

Zu: "Links von Freitag, 11. Januar 2008" / Stralau-Blog

Nachtrag, nochmal zur wissenschaftlihcen Ethik nach Dawkins: In der Wissenschaft steht und fällt der Wert mit, beschränkt sich ganz auf, die Übereinstimmung mit dem Nachprüfbaren. Das ist das wissenschaftliche Ideal (eine Anekdote, die Dawkins aus seiner Studienzeit bringt): Der Professor, der Jahrzehnte an Arbeit in eine Theorie gesteckt hat, und dann, als eines Tages ein junger Kollege ihm mittels irgendeines neuen Ergebnisses unzweifelbar vorführt, dass seine Theorie nicht funktioniert, dafür /dankt/, dass er ihm bewiesen habe, all die Jahre /falsch/ gelegen zu haben. Eine Theorie hat für die wissenschaftliche Wahrheitssuche keinen zusätzlichen Wert dadurch, dass sie besonders schön oder besonders komplex, reich an Investment in Blut und Schweiß oder besonders reich an Feinheiten und einer kulturell tiefen Entwicklungsgeschichte sein mag. Eben das sind aber die Maßstäbe, auf die die Theologen in ihren Angriffen auf Dawkins so für die Bewertung ihres Feldes pochen, wenn sie Dawkins vorwerfen, die sublimen Details, die Vielfalt der Positionen, die große Kulturgeschichte ihrer Lehren und die Tonnen intellektueller Arbeit, die in sie gesteckt wurden, völlig auszublenden, zu ignorieren. Nichts könnte Dawkins weniger interessieren für seine Wahrheitssuche.

  Link zum Original   Sunday January 13, 2008

Zu: "Links von Freitag, 11. Januar 2008" / Stralau-Blog

Japp, so hab ich es auch schon in meiner Formulierung auszudrücken versucht, „es keinen plausiblen Grund gibt, die Existenz Gottes für wahr zu halten“. Dawkins erhebt die wissenschaftliche Plausiblität zum Maßstab, an dem die Existenz Gottes gemessen werden muss, um für wahr angenommen zu werden. Und unter diesem Maßstab ist sie nunmal nicht wahrheitswahrscheinlicher als die Existenz einer von einem untoten Elvis regierten Zivilisation grüner Elephanten auf der Venus oder, wie es die Pastafaris propagieren, die Verringerung der irdischen Piratenpopulation als Hauptursache der Globalen Erwärmung. Es gibt in der Wahrheitssuche keinen Grund, etwas für wahr zu halten, auf das nichts hindeutet; umgekehrt ist die totale Abwesenheit von Hinweisen (Dawkins erklärt ja recht überzeugend evolutionstheoretisch jede Komplexität und Schönheit in der Natur profan-naturwissenschaftlich von der Notwendigkeit eines genialisch-göttlichen Funkens weg) auf etwas genug Grund, um das Nichtgegebensein dieses Etwas anzunehmen. Wenn die Wissenschaft mit ihrer angemessenen Methodik uns noch nicht sagen kann, was vor dem Urknall war, warum sollte dann etwas mit einer so unangemessenen Methodik wie der Glaube, der ein sich zirkulär selbst bestätigendes System von psychologischen Reflex-Annahmen ohne Realitätsbezug ist, diesen Anspruch erheben dürfen?

Der Vorwurf des atheistischen Fundamentalismus ziehlt glaube ich dort, wo er ernsthaft gedacht ist, auf eben diesen Exklusivitäts-Anspruch der wissenschaftlichen Methode auf die Wahrheitssuche, wie ihn Dawkins vertritt. An ‚Wahrheit‘ kann man dann eben nicht gelangen durch Gefühl oder In-sich-Reinhören oder dergleichen, sondern nur mit harter Empirie und von ihr ausgehender Logik. Der Ansatz, den Dawkins propagiert, nimmt es sich heraus, keine alternativen Wahrheitsdefinitionsmethoden neben sich zu dulden und erklärt damit Systeme, die traditionell Ehrfurcht erwarten, von der Theologie bis zu bestimmten Bereichen der Philosophie, für bestenfalls nette Lyrik ohne Anrecht auf wahrheitsklärenden Anspruch. Dawkins gefällt sich ja auch in Gesten der Respektlosigkeit gegenüber Scholastik und bestimmten philosophischen Argumenten, die er als rein rethorische Begriffswirrspiele denunziert, deren Aussagewert selbst gegen Null läuft.

Aus Dawkins’scher Perspektive ist der Vorwurf des Fundamentalismus natürlich schon deshalb daneben gegriffen, weil Dawkins die wissenschaftliche Methode als strukturell inhärent antifundamentalistisch betrachtet: ein System der ständigen Selbstkritik, das keine Annahme als absolut gesicherte Wahrheit duldet, sondern diese Annahmen stets der Empirie anzupassen sich zwingt. Dawkins meint, er würde ohne zu Zögern seinen Atheismus aufgeben, wenn man ihm denn einfach gute Beweise für die Existenz Gottes entgegen legen täte. Umgekehrt hält er den Glauben für ein zutiefst fundamentalistisches System, eben weil es über zirkuläre Selbstbestätigung und die Tabuisierung des Zweifels (es ist das moralisch Richtige, zu glauben, und das moralisch Falsche, zu zweifeln) läuft. Der Gläubige ist /stolz/ darauf, sich durch Gegenbeweise dennoch nicht von seinem Glauben abbringen zu lassen, betrachtet das Verharren im Glauben gegen ein Meer von Widersprüchen viel mehr als moralisch stärkende Herausforderung.

  Link zum Original   Sunday January 13, 2008

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